Montag, 27. Januar 2014

Expedition in die Wanfrieder Geschichte – Fotoshooting einmal anders

Mit Hoheit und Schandmaul in Wanfried unterwegs

Nein, einladend war das Wetter wirklich nicht. Und als wir – vorsichtshalber deutlich früher – losfuhren, um uns nicht gleich bei unserer ersten Aktion in Wanfried zu verspäten, da war ich mir gar nicht so sicher, ob mein Festhalten an diesem Termin eine so gute Idee gewesen war. Die Straßenverhältnisse waren deutlich besser als erwartet und  so schlugen wir eben früher in Wanfried auf, als geplant. Eine gute Gelegenheit, schon mal eine erste Runde zu drehen und dabei gleich mal auf die Katzenbachstraße zu stoßen – vielversprechend also, denn wer anderes als Rotbarts Sohn Rabauke sollte wohl den Namen des Gewässers geprägt haben, dem eine eigene Straße gewidmet ist.
Wie freuten wir uns nach der kurzen Runde auf die warme Gaststube im Treffpunkt „zum Schwan“, in der wir gemeinsam mit den hoffentlich erscheinenden Interessenten an meinem Buchprojekt die dazugehörige Fotoshooting-Aktion durchsprechen würden.

Gastronomische Winterstarre

Alles wird gut, dachte ich, als uns die Gewandete Anne Bamberg alias Sofia von Gandersheim mit einem freundlichen Lächeln bereits vor dem Schwan erwartete.  Die hatte auch noch einen Wallenstein an der Leine, also einen Hund, der dem des Piet Carlszoon ähnelte, jenem merkwürdigen Holländer, der mich bei unseren Treffen an der Schlagd letztendlich auf die Spur Rotbarts gesetzt hatte. Mehr historisches Feeling war zunächst einmal nicht drin. Denn während in der Vergangenheit rund 30 Gastronomen in dem florierenden Werrastädtchen für das leibliche Wohl der Bürger und Reisenden sorgten, standen wir heute sogar  beim Schwan vor verschlossenen Türen, eine gastronomische Alternative nicht in Sicht. Dabei fällt mir ein, dass Wanfried nicht von Wahnsinn, sondern eher von Wanne kommt, zumindest hinsichtlich der Aussprache, also Wanfried mit kurzem a, wie mich Hoheit gnadenlos korrigierte. Überhaupt sind Hoheit eine schnell entschlossene Persönlichkeit, die natürlich jederzeit Zugang zum höchsten Stadtadel hatte.

Ihre Hoheit fällen eine Entscheidung

Jedenfalls erklärte sie kurzerhand die Schlagdvogtei zur vorübergehenden Residenz und führte Chris, den Sehfahrer, den Wanfrieder Künstler Dieter Diezemann, meine Frau Heidi und mich am Schloss und an der Rosengasse vorbei, zum Sitz des Hafenverwalters. Die noch vor dem Schwan zu uns gestoßene Schankmaid Hannah alias Carmen Günther schilderte währenddessen wort- und witzreich und mit vielen Anekdoten die turbulente Vergangenheit des damals offensichtlich recht lebhaften Ortes. Als Schankmaid hatte sie eine Menge vom Wirtschaftsleben und von der vergnüglichen aber auch finsteren Seite der städtischen Gesellschaft mitbekommen. Richter, Henker und Galgenstricke, Prügeleien zwischen Bürgermeistern, das Rotlichtviertel, Landsknechte des Dreißigjährigen Krieges oder die Pest, nichts war der Schankmaid fremd. Selbstverständlich war sie durchaus auch mit den fürstlichen Affären und dem Leben am Hofe vertraut, aber zu diesem Thema hielt sich das Schandmaul zurück und überließ die Geschichten über die hier residierende landgräfliche Seitenlinie, die bemerkenswerte Charlotte Amalie von Hessen-Wanfried und anderer Menschen von Stand, dann doch überwiegend ihrer Hoheit.


Kuscheln mit Wallenstein

Der Schlagdvogt hatte uns ohne zu Murren seinen historischen Arbeitsraum überlassen und seine Frau versorgte uns freundlicherweise mit Kaffee und Kuchen. Nun konnte ich mein Buchprojekt vorstellen und von meiner Suche nach dem seltsamen Holländer und Rabauke, dem Sohn des legendären Schiffskaters Rotbart, berichten. Auch Teddy Wallenstein folgte meinen Ausführungen sehr aufmerksam, zumindest, solange ich ihn ausgiebig kuschelte. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass er von seinen Vorfahren irgendetwas über Rabauke weiß. Die Informationen, die ich schließlich noch im Vertrauen von der Schankmaid Hannah erhielt, hatten nicht alle – wie möglicherweise meiner Mimik zu entnehmen ist – mit meiner eigentlichen Recherche über Carlszoon und Rabauke zu tun.


Wenig Fotos aber große „Ausbeute“ – eine erfolgreiche Expedition

Einige der Fotomotive, die ich mir für die Rotbart- und Rabaukegeschichte vorgestellt hatte, waren bei diesem Besuch nicht zugänglich, andere Fotos ließen Wetter und Licht nicht zu. Und so entschieden wir uns abschließend noch für den Besuch der Schlagt, um uns - am Ende, wieder vor dem Schwan angekommen - mit vielen Informationen, Anregungen, Plänen und Ideen für weitere Besuche und vielleicht sogar gemeinsame Projekte zu verabschieden. Wir haben ein paar Fotos, wertvolle Informationen, die Bekanntschaft von wirklich engagierten und kompetenten Gästeführern und gleichzeitig ungemein sympathischen Menschen und nicht zuletzt die Gewissheit mit nach Hause genommen, nicht das letzte mal in Wanfried gewesen zu sein. Die paar Frostbeulen und die gastronomische Problematik fallen da für diesen Tag jedenfalls nicht ins Gewicht.



Alle Fotos von ©Sehfahrer

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