Dienstag, 18. Oktober 2016

Die Oberweser Dampfschiffahrt

Die Gründung der Vereinten Weser-Dampfschifffahrt-Aktiengesellschaft 1842 in Hameln läutete die Fahrgastschifffahrt auf der Weser ein. Mit dem Raddampfer Hermann, einem Neubau aus Paris betrieb die Gesellschaft am Herbst 1843 immerhin einen Liniendienst, der von Hann Münden bis nach Bremen reichte. Gerade ein Jahr später schaufelten sich die auch die eisernen Seitenraddampfer Germania, Wittekind und Blücher, ab 1846 zusätzlich die Weser flussauf- und abwärts. Das Buch aus der Serie Bilder der Schifffahrt des Sutton Verlags erzählt anhand von historischen und aktuellen Fotos die wechselvolle Geschichte der Fahrgastschifffahrt auf der Oberweser.

Offiziell startete die Oberweser-Dampfschifffahrt im Jahre 1883, nachdem die Vorläuferreedereien, darunter immerhin der Norddeutsche Lloyd, ihren Betrieb wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben hatten. Schließlich war die Weser kein einfaches Gewässer, die Anforderungen an Schiff und Navigation hoch und die sich entwickelnde Konkurrenz der Eisenbahn groß. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Konnte die Weserschifffahrt noch von der Auswandererwelle profitieren. Die Wirtschaftsflüchtlinge konnten bereits an der Oberweser die Schiffe besteigen, die sie dann zu den Auswandererkais nach Bremen transportierten. 1873 warf der Norddeutsche Lloyd jedoch das Handtuch und auch der Versuch, eines Hamelner Konsortiums, mit zwei verbliebenen Dampfern einen Linienverkehr vor allem für Ausflügler zwischen Hann Münden und Hameln zu betreiben, scheiterte nach zwei Jahren sehr starkem Niedrigwasser.

Der Tourismus als Wirtschaftsfaktor

Es war schließlich der Besitzer der Hamelner Wassermühlen und Frachtschiffreeder, Friedrich Wilhelm Meyer, der mit dem von der Vorgängergesellschaft angekauften und in Bremen umgebauten Luxusliner Fürst Bismarck 1883 den Liniendienst zwischen Hann Münden und Hameln aufnahm. Der 1877 in Dienst gestellte Raddampfer der Dresdner Werft Sächsische Dampfschiffs- und Maschinenbauanstalt sprach mit seiner gediegenen Ausstattung und der gehobenen Gastronomie an Bord eine zahlungskräftige Klientel an. Die gleichzeitige Entwicklung einer Tourismusindustrie, die mit entsprechendem Marketingeinsatz das Weserbergland zu einem der beliebtesten Reiseziele Deutschlands entwickelte, brachte letztendlich den notwendigen wirtschaftlichen Erfolg.

mehr als 100 Jahre Raddampferromantik

Mit dem Bauplan und den historischen Fotos der Fürst Bismarck beginnt die illustrierte Dokumentation der Oberweser-Dampfschifffahrt, die den Leser Seite für Seite die Entwicklung der Reederei, ihrer Schiffe und der jeweiligen Stützpunkte bildhaft erleben lässt. Zahlreiche weitere Schiffe sind bis heute hinzugekommen, aber auch verkauft worden, Raddampfer wurden modernisiert und umgebaut. Die grandiose Fürst Bismarck verrichtete dabei immerhin bis 1923 ihren Dienst, bis sie durch einen neuen Raddampfer gleichen Namens ersetzt wurde. Der Autor Jan Kruse, selbst Kapitän und Kenner der Geschichte der Weserschifffahrt führt den Leser mit den Fotos und seinen sehr informativen Kommentaren durch die ganze Geschichte der Reederei, die nach ihrer Insolvenz 2003 in der Flotte Weser aufging.

Regionalgeschichte nicht nur für Lokalpatrioten

Ein schönes Büchlein für Freunde der Schifffahrtsgeschichte und der Dampfschifffahrt sowieso. Aber auch für den Ausflügler, der heute auf den modernen motorbetriebenen „Musikdampfern“ das Weserbergland vom Fluss aus genießt, ergeben sich durch die Lektüre des Buches ganz neue Aspekte bei der Betrachtung der Landschaft die am Auge des Besuchers vorbeitreibt.

Jan Kruse: Die Oberweser-Dampfschifffahrt. Bilder der Schifffahrt. Sutton Verlag 2013. Broschur, 127 Seiten.

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